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www.zobel-ruegen.de Fotos aus dem Leben eines Mönchguter Urgesteins
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| Beerdigungspredigt Liselotte Johanna Marie Schmidt, geborene Zobel verwitwete Hörnlein, geboren am 6. Dezember 1913 in Göhren, ist am 3. Februar 2012 in Bergen im Alter von 98 Jahren aus diesem Leben abgerufen worden. Heute geben wir ihre Asche zurück in Gottes Erde. Wir befehlen sie in Gottes Hand. Herr, sei ihr gnädig und lasse sie Frieden finden. Amen Gott spricht: Ich habe dich je und je geliebt, darum habe ich dich zu mir gezogen, aus lauter Güte. (Jeremia 31, 3) Liebe Angehörige, liebe Trauergemeinde, wir nehmen Abschied von Lieselotte Schmidt. Hier in Göhren auf der Familiengrabstelle soll sie heute ihre letzte Ruhe finden. Bevor wir uns auf den letzten Gang machen, wollen wir noch einmal innehalten und uns besinnen, auf ihr Leben besinnen. Und da fallen mir zunächst zwei Dinge besonders ins Auge. Das eine ist: Wir schauen heute auf einen langen und bewegten Lebenslauf zurück: Da ist viel geschehen in 98 Lebensjahren. Das andere ist: Dieser Lebenslauf ist in besonderer Weise mit Göhren, seiner Geschichte und seiner Kirchengeschichte verbunden. Und insofern ist es wohl nicht übertrieben, wenn wir heute sagen: Mit Lieselotte Schmidt tragen wir heute auch ein Stück Göhrener Geschichte zu Grabe. Den Anfang nimmt diese Geschichte am 6. Dezember 1913. An diesem Tag wird Lieselotte Johanna Marie Zobel als zweites Kind des Hoteliers Reinhold Zobel und seiner Frau Marie im Deutschen Haus in Göhren geboren. Hier wird sie am 7. Dezember 1913 auch getauft. Das Göhrener Taufgeschirr – von ihren Eltern gestiftet – trägt bis heute die Initialen der Mutter: M.Z.. Und sie ist eine der ersten, die daraus die Taufe empfängt. Lieselotte wächst in Göhren auf. Hier geht sie die ersten Jahre auch auf die Privatschule in der Kastanienallee. Danach besucht sie die Handelsschule in Stralsund. 1928 wird Lieselotte konfirmiert. anschließend arbeitet sie bei den Eltern im Deutschen Haus. Und im Frühjahr 1930, so wird berichtet, liest sie den Eröffnungsprolog bei der Einweihung der Göhrener Kirche. In diesen Jahren lernt sie auch den Arzt Wilhelm Heinrich Wiemer kennen. Am 29. September 1936 heiraten sie in der Göhrener Kirche und Lieselotte zieht mit ihm nach Köln. Aber die Ehe ist nicht von Dauer. Nach der Trennung 1938 kommt sie zurück nach Göhren und übernimmt den Hotelbetreib. Und hier lernt sie Kuno Hörnlein kennen und lieben, der als Angestellter im Haus arbeitet. 1940 heiraten Lieselotte Wiemer und Kuno Hörnlein. Ein Jahr später erblickt der erste Sohn Peter das Licht der Welt. Aber er stirbt nur wenige Wochen nach der Geburt. Dann, 1943, wird die Tochter Regina geboren und 1945 der Sohn Herbert. Ja, es sind schwierige Zeiten, die sie zu meistern hat: Da sind die schwierigen politischen Verhältnisse, in die sie sich mutig einmischt: Lieselotte Hörnlein ist Mitglied der Bekennenden Kirche. Da ist das Elend der Kriegsflüchtlinge, für die im „Deutschen Haus“ Quartiermöglichkeiten geschaffen werden. Und da ist die Notwendigkeit, ständig allein entscheiden zu müssen. Denn ihr Mann kehrt zwar aus Krieg und englischer Gefangenschaft zurück, wird aber wenig später von den Russen inhaftiert. Sie hofft auf seine Rückkehr, und engagiert sich auch politisch als 2. Bürgermeisterin in Göhren. Dann aber, 1951 muss sie erfahren, dass ihr Mann bereits 1948 in Fünfeichen ums Leben gekommen ist.. Aber Lieselotte Hörnlein lässt sich nicht unterkriegen. 1952 heiratet sie Hilard Schmidt. Und 1953 wird der Sohn Siegfried geboren. Dann aber kommt 1953 die unselige Aktion Rose. Hilard Schmidt kommt ins Zuchthaus und sie wird ausgewiesen. Und so bleibt am Ende nur der Weg in den Westen. Über Berlin und Hamburg führt der Weg zunächst nach Hameln. Hier übernehmen Lieselotte und Hilard Schmidt 1958 eine Ausflugsgaststätte mit Garten und Viehzeug und unendlich viel Arbeit. Dann, von 1965 bis 1984 betreiben sie die Pension Finkenborn in Nesselwang im Allgäu. 1984 ziehen sie nach Türkheim um. Und dort stirbt 1989 auch ihr Mann. Ihr Weg ist damit aber noch lange nicht zu Ende. Denn mit der Wende erhält sie ihr Eigentum in Göhren zurück. Und Stück für Stück baut sie den Hotelbetrieb wieder auf. Erst 2007 geht sie in den Ruhestand. Aber auch der ist eher ein Unruhestand: Wie schon in den Jahren zuvor ist sie unglaublich viel auf Reisen. Sie bereist die ganze Welt. Mit 55 lernt sie französisch. Mit 60 spanisch. Und manche Reisegeschichten wie die vom Weihnachtsfest 1994 auf dem Schiff vor den Fidschiinseln mit den singenden Kindern: Wir sind alle Gottes Kinder. Die hat sie nie vergessen und oft und gern erzählt. Daneben ist
sie immer künstlerisch interessiert und künstlerisch tätig: Von der Malerei über
das Batiken bis zum Teppichknüpfen – auch hier ist sie immer tätig und
vielfältig tätig. Lieselotte Schmidt: Ja, sie war eine kraftvolle, couragierte und engagierte Frau. Und ich denke, die Stationen ihres Lebensweges, die erzählen auf ihre Weise von dieser Kraft und Courage. Und so habe auch ich sie kennen gelernt und ihren Weg in den letzten Jahren ein wenig begleiten können. Ja, sie stand in den letzten Jahren schon einige male an der Grenze des Lebens. Aber immer wieder hat sie am Leben festgehalten. Jetzt aber war doch die Kraft zu Ende: Lieselotte Schmidt ist am 3. Februar 2012 für immer gegangen. Und heute wird sie hier in Göhren ihre letzte Ruhe finden. Gott spricht: Ich habe dich je und je geliebt, darum habe ich dich zu mir gezogen, aus lauter Güte. (Jeremia 31, 3) Liebe Trauergemeinde, dieser Spruch steht auf dem Grabstein für ihren Bruder, der mit 14 Jahren – ein Jahr bevor sie geboren wurde – nach einem Unfall verstorben ist. So betrachtet hat sie dieser Spruch also ein Leben lang begleitet. Aber ich denke, nicht nur dieser Spruch hat sie eigentlich begleitet. Begleitet hat sie Gott selber. Und das Vertrauen darauf, ich glaube, das ist für sie durch alle Zweifel und Anfechtungen hindurch ein wirklicher Halt gewesen. Und ich glaube ohne diesen Glauben, dieses Vertrauen auf Gottes Begleitung und seine Nähe hätte sie manche Wege ihres Lebens wohl kaum durch gestanden. So vertraue ich nun darauf, dass Gott sie auch jetzt trägt, dass er sie zu sich gezogen hat aus lauter Güte. Ich vertraue darauf, dass sich in ihren blauen Augen, die in den letzten Stunden ihres Lebens so hell geworden sind, schon etwas von dem Glanz Gottes gespiegelt hat, den wir noch nicht zu sehen vermögen. In diesem Vertrauen wollen wir heute mit tapferem Herzen von ihr Abschied nehmen. Möge sie bei Gott aufgehoben sein und bleiben auf ewig. Und möge die Erinnerung an sie noch eine gute Weile unter uns lebendig bleiben. Denn ob privat oder gemeindlich, ob in der Familie oder in der Gemeinde: Sie war und sie bleibt ein Teil unserer Geschichte. Und wenn wir das nicht vergessen, ich denke, dann ist das ein Segen, für sie, Lieselotte Schmidt, und für uns. Amen |